Helfen hilft – anderen und uns selbst
– „Ich will helfen“ ist ein Impuls, das seit Jahrmillionen in uns Menschen verankert ist und im Zusammenspiel mit dem Gegenseitigkeitsprinzip die Basis für Kooperation ist. Und Kooperation ist DAS Erfolgsrezept der Spezies "Mensch". Helfen ist dabei ein gegenseitiger Prozess. Nicht nur, weil wir uns verpflichtet fühlen, sondern weil es uns in jeder Hinsicht gut tut. Helfen und Sich-Helfen-Lassen hilft nachweislich allen Beteiligten – denen wir helfen genauso wie auch uns selbst.
Wie wir durch Helfen zufriedener, gesünder und ruhiger werden, wie wir die Hilfeform finden, die zu uns passt – und wie wir auch leichter um Hilfe bitten können.
Ehrenamtlich Engagierte fühlen sich deutlich gesünder und wohler als der Durchschnitt, ergab die Analyse von über 66.000 Interviews des British Household Panel Survey, einer repräsentativen, jährlichen Wiederholungsbefragung über 18 Jahre an der University of Essex:
Je häufiger sie anderen helfen, desto zufriedener sind sie. Sie haben außerdem das Gefühl, mehr Zeit zur Verfügung zu haben.
Die schlechtesten Zufriedenheitswerte haben diejenigen, die noch nie ehrenamtlich geholfen haben.
Helper's High
Auch viele weitere Studienergebnisse zeigen: Mitgefühl und Altruismus erhöhen die Zufriedenheit, Gelassenheit und den Selbstwert derjenigen, die helfen. Hilfe federt die negativen Effekte von Stress ab: Wir erleben weniger Stress oder bewältigen ihn besser. Beim Helfen werden Glückshormone ausgeschüttet und wir erleben das ‚Helper’s High‘. Außerdem gibt es – wie so oft beim Thema Zeit – einen paradoxen Effekt, den ich oben schon kurz erwähnt habe: Menschen, die sich für andere ehrenamtlich engagieren, wenden mehr Zeit für Hilfe auf, haben aber das Gefühl von Zeitfülle, also mehr Zeit zur Verfügung zu haben.
Hilfe als Beziehungsprinzip
Gegenseitige Hilfe ist eine großartige Möglichkeit, um Kontakte zu knüpfen, Beziehungen auf- und auszubauen, weniger einsam und besser in soziale Netze integriert zu leben. Auch, während man gemeinsam anderen hilft, kommt man sich näher, lernt sich kennen und schätzen, fühlt sich gut aufgehoben. Und das lässt uns gesund und glücklich lange leben.
Du kennst das vielleicht aus meinem Buch über die Kraft sozialer Beziehungen: Integration in eine Gemeinschaft und stabile, nahe Sozialkontakte sind die Faktoren Nummer 1 und 2 für ein gesundes, glückliches und langes Leben. Sie sind DER Allrounder für einfach alles im Leben.
Eine Belohnung für uns und unsere Gesundheit
Gegenseitige Hilfe aktiviert Gehirnareale, in denen auch Belohnungen verarbeitet werden. Es fühlt sich also wie eine Belohnung an. Auch die Entzündungswerte im Körper sinken. Sogar, wenn wir nur an unsere Fähigkeit glauben, Mitmenschen unterstützen zu können, fördert das schon unsere Gesundheit. Und je zufriedener und glücklicher wir selbst durch das Helfen sind, desto lieber helfen wir wiederum. Das macht uns dann noch glücklicher und wir sind immer stärker motiviert zu helfen – und so weiter: ein positiver Feedback-Loop-Effekt.
Freude am Helfen macht den Unterschied
Es kommt jedoch auch darauf an, wie wir helfen. Eine größere Wirkung erleben wir, wenn wir Helfen nicht nur als moralische Verpflichtung oder als eigennützige Gesundheitstherapie sehen, sondern wenn wir uns darauf und darüber freuen. Das gelingt, indem wir uns vorstellen oder erleben, wie unsere Hilfe ankommt und einen Unterschied macht.
Die passende Hilfeform finden
Das Helfen sollte zur eigenen Persönlichkeit, zu den Fähigkeiten und Vorlieben passen. Was immer geht, sind die alltäglichen Hilfegelegenheiten: Man bietet auf der Straße einem herumirrenden Passanten Hilfe an oder muntert eine Unbekannte mit einem Lächeln auf. Ein Vater hört seinem ängstlichen Kind vollkommen präsent zu. Wer Geld hat, aber keine Zeit, spendet. Man kann sich für Menschenrechtskämpfer:innen im Gefängnis oder für Artenschutz engagieren, Jugendliche mit Teamgeist und Fairness im Sportverein trainieren oder für den Nachbarn mit einkaufen.
Drei Fragen, die ich meinen Teilnehmenden für die eigene Lebensaufgabe stelle, passen auch hier:
Hilfe erbitten und annehmen – die Kehrseite der Münze
Hilfe basiert auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit. Wenn also Hilfe-Geben so wertvoll für einen selbst ist, ist es ebenso wichtig, dass wir Hilfe auch erbitten und annehmen können. Damit tun sich viele schwer.
Es mag für viele Männer nicht zum Rollenbild des starken, autonomen Mannes passen, der die Sachen schon selber hinkriegt. Vielleicht kann er sich beim Reparieren des Zauns noch helfen lassen, aber bei psychischen Problemen? Auch für viele Frauen gibt es aufgrund ihres Selbstbildes und falscher Vorstellungen über die Belastung für andere eine Hemmschwelle, um Hilfe zu bitten.
"Ich bin doch die, die für andere da ist" oder "Ich will niemandem zur Last fallen" – solche Gedanken können verhindern, dass sich jemand Hilfe holt. Was aber einfach nur schade ist, denn so bringt man andere um die Gelegenheit, das oben beschriebene Helper's High zu erleben und Beziehungen zu vertiefen.
Also, bei der nächsten Situation, die man gemeinsam besser bewältigen könnte als allein, überlege, wer dir wie helfen könnte, spring über deinen Schatten – und frag! So hilfst du auch deinem Gegenüber.
Viel Freude beim Helfen und Helfen-Lassen
wünscht dir
Ulrike
"Helper's High" & Gegenseitigkeit: Anderen zu helfen tut gut – wir fühlen uns gesünder und wohler. Doch viele tun sich schwer, Hilfe zu erbitten & anzunehmen. Da hilft das Wissen, anderen damit evtl. ein Helper's High zu ermöglichen.
Hilfe erhalten
- ... mit den 1,5-stündigen Online-Workshops der Soforthilfe live-Reihe erhältst du schnelle Hilfe und Linderung bei psychischen Problemen, emotionalen Blockaden und Belastungen im Alltag. Du lernst hilfreiche Methoden wie z.B. Logosynthese® und Schreibdenken kennen und probierst sie gleich aus, direkt angewendet auf ein klar begrenztes Thema, das sich in einem kurzen Workshop bearbeiten lässt. Zum Mitmachen mit Sofortwirkung, mit Vor- und Nachbereitungsphase per E-Mail, im werbefreien, geschützten Raum. Pro Termin 39,- Euro.
- ... zum Beispiel mit der Soforthilfe live am Dienstag, 14.03.2023: 11:30 bis 13:00 Uhr: "Stress in einer Beziehung – Schwierige Gefühle lösen, die Beziehung klären". Meist gibt es in unserem Leben mindestens eine Person, mit der gerade etwas schwierig ist…
Das zeigt sich zum Beispiel an schwierigen Gefühlen in Bezug auf diese Person: Enttäuschung, Ärger, Angst, Trauer, Sehnsucht, Genervtsein, Schuldgefühle, Neid etc. – in Bezug auf Partner:in, Kind, Freund:in, Eltern, Geschwister, Kolleg:in, Nachbar:in usw. – In diesem Online-Workshop kannst du den Stress lösen, den du aktuell in einer deiner sozialen Beziehungen erlebst.
- ... bei der Initiative Cancer Survivor: Menschen mit Krebs, Deutschlands erstem multimedialen Informationsangebot für Krebspatient:innen, deren Angehörige und ihr soziales Umfeld. Mit der dazugehörigen Survivors Home Foundation ist ein neuartiges Zuhause für Krebsbetroffene und deren Angehörige in Berlin-Wilmersdorf entstanden - im selben Haus, in dem ich auch meine Räume habe. Es bietet eine geschützte Gesprächsatmosphäre und einen Ort zum Verweilen, in einem besonderen Ambiente mit Loft-Charakter. Wir arbeiten auf unterschiedlichen Ebenen zusammen und ich erlebe hier fast täglich die besondere Atmosphäre und Wirkung
- innovativer Hilfeangebote in einem geschützten Raum. Hier seht ihr auch gleich, in welchem Haus ich arbeite: rechter Flügel, 4. OG. 😉
Weiterdenken
- ... mit dem Ehepaar Obama (Video – 1 Minute: Amira ab 0:48): Die beiden wissen, wie wichtig Helfen ist – und wie man dadurch Präsident:in wird:
President Obama & Michelle Obama Answer Kids' Adorable Questions - ... beim Anschauen (TV-Aufzeichung - 6 min): Ich war wieder einmal live im Fernsehen, diesmal in der SWR-Sendung "ARD Buffet": Die Nummer Eins für ein gesundes langes Leben: Es ging letztlich genau um das Thema dieses Denkanstoßes.
- ... beim Lesen: In meinem neuen Buch, für das ich intensiv wissenschaftlich recherchiert habe, ist gegenseitige Hilfe eines von sechs Beziehungsprinzipien:
Ulrike Scheuermann: Freunde machen gesund – Die Nummer 1 für ein langes Leben: deine Sozialkontakte (KNAUR BALANCE).
- ... mit wissenschaftlichen Erkenntnissen aus den Studien, auf die ich mich im Text bezogen habe:
- British Household Panel Survey der University of Essex
- Dunn, Elizabeth W. et al.: Spending Money on Others Promotes Happiness. Science 319, Nr. 5870 (2008): 1687-88.
- Van Zomeren, M. et al.: Toward an Integrative Social Identity Model of Collective Action: A Quantitative Research Synthesis of Three Socio-Psychological Perspectives. Psychological Bulletin, Nr. 134 (2008): 504-535.
- https://www.britannica.com/science/collective-behaviour/The-results-of-collective-behaviour
- https://www.wcsu.edu/community-engagement/benefits-of-volunteering/
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